Der Plasmaschneider, mein neuer Kumpel

Schmieden & Schweißen im Schloss

Veröffentlicht in: Unterwegs | 5

Eine Auszeit der besonderen Art habe ich mir letzte Woche gegönnt: Einen Kreativurlaub, zusammen mit meinem Schweißgerät. Und das in einem Schloss. Es ging um Bildhauerei aus Metall, Stein und Holz. Eigentlich wollte ich auch noch wandern und radeln im schönen Münsterland. Ob ich mir wohl zu viel vorgenommen hatte?
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Wasserschloss Raesfeld
Wasserschloss Raesfeld

Das Wasserschloss Raesfeld ist ein beliebtes Ausflugsziel. Es liegt in wunderschöner Umgebung. Teiche, ein Tierpark und Wald grenzen am Gelände. Dort ist viel Ruhe zu finden, wenn nicht gerade beim Fest am Schloss die Blaskapelle spielt. Zum ersten Mal spielte sie direkt bei meiner Ankunft – das konnte ja heiter werden.

Zum Schloss gehört auch eine Vorburg. In beiden Gebäuden bietet die Akademie Schloss Raesfeld für Teilnehmende der handwerklichen Lehrgänge Gästezimmer an. Ich durfte mich in meinem richtig großen Zimmer im Hauptschloss ein wenig wie eine Prinzessin fühlen. Na ja, wenn genug Phantasie im Spiel ist, denn die Zimmer sind eher modern ausgestattet.

In der Vorburg befinden sich richtig gut ausgestattete Werkstätten. Auf dem unteren Bild seht ihr links ein großes offenes Tor der Steinwerkstatt, vor dem eine Teilnehmerin gerade an einem Kunstwerk arbeitet. Dahinter liegt die Metallwerkstatt. Durch die offene Tür rechts davon geht es in die Holzwerkstatt.

Gebucht habe ich die Gruppenreise über den Veranstalter SKR, den Kurs hat der Kunstschmied und Bildhauer Ulrich Kuhlmann geleitet. Für den Bericht erhalte ich keine Vorteile irgendwelcher Art, ich schreibe aus eigenem Antrieb.

Vorburg mit den Werkstätten (die beiden offenen Türen links)
Vorburg mit den Werkstätten (die beiden offenen Türen links)

Es werde Feuer – Kunsthandwerk aus Metall

Schnecke aus der Schmiede (nicht meine)
Schnecke aus der Schmiede (nicht meine)

Ich hatte mich vor allem angemeldet, um mal wieder nach sehr langer Zeit etwas zu schmieden, vor allem aber um mich mit meinem Elektro-Schweißgerät auseinander zu setzen. Denn es ist schon lange her, dass ich mal einen VHS-Wochenendkurs zum Thema „Schmieden und Schweißen mit Schrott“ gemacht hatte. Nach dem Kurs meinte ich, ein Leben ohne Schweißgerät wäre nichts wert. Ich wünschte mir die ganze Ausrüstung, bekam sie auch – und lagerte sie trocken und sauber im Werkstattschrank. Ebenso die ganzen Schrottteile aus Metall, die ich damals gesammelt hatte. Nun fehlt die Übung.

In der Werkstatt gab es einfach alles: Vier Arbeitsplätze für Schmiede, woran ich am Ende deutlich weniger arbeitete als gedacht. Das war aber eher ein Zufall. Es wurde geflext und geschweißt und gebohrt. Und mit dem Plasmaschneider hantiert, meinem neuen Lieblings-Spielzeug. Solch ein Gerät werde ich mir nicht gleich wünschen. Aber hat jemand aus Bremen einen, den ich bei Bedarf mal nutzen kann?

Feuer in der Esse
Feuer in der Esse

Ein Glück dass es draußen nicht hochsommerlich warm war, denn dann ist solch ein Feuer nicht ideal. So war es aber schön muckelig davor. Das ist einfach sooo schön.

Blick in die Metallwerkstatt
Blick in die Metallwerkstatt

Natürlich gab es dort auch jede Menge Metall, das gegen kleines Geld genutzt werden konnte. Manche hatten, wie ich, aber auch eigene Metallstücke dabei, die etwas außerhalb der Norm für künstlerische Zwecke verwendbar waren. Übrigens hat Ulrich vorher angefragt welche Pläne man hat, um sich bei dem Material darauf einzustellen, das er auch selbst noch mitgebracht hat. Ein klasse Service.

Schweißprobe in "meiner" Werkstatt
Schweißprobe in „meiner“ Werkstatt

Zufällig wurde mein Arbeitsplatz der, der sich etwas versteckt in einem Kabuff ganz hinten in der Ecke befand. Schön war dass es eine Glastür gab, die ein wenig von dem Lärm der Arbeiten in der Haupt-Werkstatt dämpfte. Denn da wurde richtig gearbeitet, wegen der rechtlichen Geschichte habe ich die Fotos aber in den Pausen gemacht. Hier übe ich gerade mit meinem Gerät, beziehungsweise bereite etwas für den Ethanol-Feuerkorb vor, der aus einer Felge entstehen sollte.

Feuer-Alarm
Feuer-Alarm

Safety first …

Metallfiguren schreiten durch die Werkstatt
Metallfiguren schreiten durch die Werkstatt

Die drei Metallfiguren eines Mit-Teilnehmers waren eins meiner Lieblingsobjekte, die dort entstanden sind. Die Werke waren super vielseitig, teilweise richtig professionell. Manche der Teilnehmenden kommen schon seit mehreren Jahren dorthin und arbeiten auch privat künstlerisch, schätzen aber hier die Gemeinschaft, die Inspiration und die gute Ausstattung.

Da wir nur 7 Teilnehmende waren und einige sich gar nicht in der Metallwerkstatt bewegten, hatten alle viel Platz und Ulrich genug Zeit für jede Frage. Bei der Maximal-Teilnehmerzahl von 12 mit möglicherweise vielen Metall-Interessierten wäre das ganz anders. Glück gehabt!

Ein Teilnehmer hat ganz viel geschmiedet, sogar dicke Ketten. Der brauchte mächtig Kraft, und immer wieder das Feuer. Filigraner waren die schönen Kupferschalen, die eine Teilnehmerin im Takt gedengelt hat: Ein, zwei drei – Pause – eins zwei drei … Viel Geduld benötigten beide. Schweißen geht da schneller.

Ulrich - Berater, Betreuer Feuerkorb-Retter
Ulrich – Berater, Betreuer Feuerkorb-Retter

Meinen Feuerkorb hatte ich irgendwie nicht dicht bekommen, am Ende lernte ich dass ich zu zaghaft war. Mir schienen die Löcher eher größer als kleiner zu werden. In solchen Fällen war Ulrich fix da, um zu helfen. Nicht nur dass er ein super angenehmer Mensch ist; er hilft immer wo er kann, mischt sich aber nicht in die eigenen Pläne ein. Wenn ein Werk so geworden ist wie man sich das selbst vorgestellt hat, dann ist es gut. Seinen Stempel drückt er nicht ungefragt auf. Wer sich für Ulrichs Arbeiten interessiert, kann diese online betrachten, zu Ausstellungen gehen oder sein Skulpturenfeld besuchen.

Meine gesammelten Werke aus Metall
Meine gesammelten Werke aus Metall

Die Bremer Stadtmusikanten waren mein erstes Werk, und auch das persönlichste. Das Holzstück weist auf Erfahrungen mit Shiatsu hin, die ich kürzlich machte. Es war das einzige Stück Holz, das ich ein wenig verarbeitet und dann in der Esse geschwärzt habe. Tja, und ich habe nach über 20 Jahren gerade meinen Job bei der Bremer Touristik-Zentrale aufgegeben, die Stadtmusikanten sind sozusagen das Zeichen meines ehemaligen beruflichen Lebens. Auch diese großen Veränderungen waren ein Grund für den Urlaub, bei dem ich ordentlich auf Altem rumhauen und kreativ Neues gestalten konnte. Das reicht aber auch an persönlichen Hinweisen. Der Hahn ist übrigens das einzige geschmiedete Teil. Ähm, hat auch irgendjemand eine Schmiede, in der ich mich mal weiter in oder um Bremen herum ausprobieren kann?

Den Plasmaschneider testete ich erst an dem Möckernbräu-Logo, das maximal klein war. Na ja, nicht unbedingt perfekt gelungen, durch eine zu dunkle Brille konnte ich zudem kaum was sehen. Ein blinder Skull sozusagen. Dennoch von Herzen gemacht, als Geschenk für den Mann. Das blanke Metall habe ich immer wieder mit Salzwasser bestrichen, damit es schnell rostet. Der Trick hat tatsächlich super funktioniert. Dadurch wurden auch die Schweißpunkte an den Stadtmusikanten schnell rostig. Aber woher auf die Schnelle Salz besorgen? Ich schlurfte in voller Montur ins nächste Café, wo man mir überrascht aber freundlich eine Hand voll aus dem Salzstreuer spendete.

Ich machte mich noch einmal an einen Totenkopf, diesmal aber deutlich größer und mit hellerer Brille (meiner normalen Sonnenbrille), um auch was zu sehen. Meinen Augen schien das dann doch nicht zu schaden. Eigentlich wollte ich den an die Kellertür schweißen, zur Abschreckung möglicher Einbrecher. Ich hatte irgendwie aber nicht bedacht, dass der zu The Punisher gehört, Comics sind nicht mein Metier. Wie fies, der schreckt auch vor Folter nicht zurück. Also hänge ich den mal lieber unauffälliger im Keller auf. Natürlich habe ich die Kanten verletzungssicher mit der Flex geglättet.

Die Felge, die zum Feuerkorb wird (ist noch nicht fertig, ich muss sie noch schleifen und hitzebeständig lackieren), hat den geringsten künstlerischen Wert. Die vier kleinen Löcher in der Mitte und das für das Ventil außen habe ich problemlos dicht bekommen. Für das große Loch in der Mitte habe ich glücklicherweise noch das richtige – wenn auch zu hohe – Stück Metall im Müll gefunden. Es soll verhindern dass Ethanol rausfließt, logisch. Aber auch dafür sorgen, dass die Fläche für das Ethanol kleiner wird und damit nicht zu viel verbraucht wird. Ich bin schon gespannt, wie das am Ende funktioniert. Für die Dichtigkeit musste Ulrich sorgen.

Kunst aus Baumberger Sandstein

Die Arbeit der Steinmetze unter uns erfolgte vor allem draußen, weil das Wetter so gut war. Wir nahmen den Baumberger Sandstein, der weicher ist als der verbreitete aus Ibbenbüren. Beide kommen aus der Nähe von Münster. Die Arbeit draußen war sehr kommunikativ, weil viele Ausflügler viel Zeit hatten um Fragen zu stellen und zu schauen. Als Touristikerin habe ich diese natürlich gerne mit Infos versorgt und eingeladen, sich die Werkstätten anzusehen. Vor allem für die Kinder war das spannend.

Blick in die Steinwerkstatt
Blick in die Steinwerkstatt

Auf dem Gelände sieht man, dass vor allem Restauratoren ausgebildet werden. Rundbögen und Gewölbe werden gemauert, Wände mit Lehm und Stroh errichtet und vieles mehr. Das alles wird immer wieder gebaut und abgerissen, um wieder neu eingeübt zu werden. Aus den herum liegenden Steinen und Holzteilen konnten wir uns bedienen. Das Gelände hatte eine ganz besondere Ausstrahlung, wirklich klasse.

Übungs- und Materialgelände
Übungs- und Materialgelände

Ich wollte auch einmal schauen, wie mir die Bildhauerei mit Stein so gefällt. Dafür suchte ich aus dem Internet ein sehr naives kindliches Blumenmotiv aus, weil es nicht zu aufwändig sein sollte. Der Stein zeigte vorne den Ansatz eines missratenen Gesichts. ich glättete ihn zuerst grob mit Holzhammer und Meißel. Dann arbeitete ich die Blume heraus, und nahm die Flächen daneben weg. Ja, eigentlich hatte ich noch mehr weghauen sollen, damit die Blume noch plastischer hervortritt, aber ich hatte keine Lust mehr, und zu viel Schiss dass noch mehr Stücke von der Blume wegbrechen. Die Kanten und die Rückseite habe ich bewusst unbearbeitet gelassen. Die Arbeit mit Stein ist absolut meditativ und vertreibt Gefühle wie Wut oder Frust.

Naive Blume - Erstlings-Werk als Steinbildhauerin
Naive Blume – Erstlings-Werk als Steinbildhauerin

Ich nenne sie die therapeutische Blume, weil alle, die sie ansehen, ein Lächeln im Gesicht haben. Witzig war die Frage einer Passantin, ob ich ein Teil aus dem Schloss restauriere. Na ja, so naiv ist die Kunst dort nicht, und insgesamt habe ich ungefähr eine Praxiserfahrung von 3,5 Stunden, aber es ich nehme das gerne als Kompliment wahr. Da alle die Blume hübsch fanden, hat meine Mutter sie zum Geburtstag bekommen. Diese Blume hält jedenfalls mal eine Weile.

Tipp für alle, die Moos auf ihren Steinen im Garten haben möchten: Ich hörte das geht mit Joghurt, den man auf die gewünschten Flächen streicht. Mutti wollte aber kein Moos.

Überraschung in der Holzwerkstatt

Ein Teilnehmer hat ein Stück Birke mitgebracht, das eine große Überraschung bot: Ein Pilz darin schaffte eine ganz besondere Zeichnung im Holz. Die afrikanische Schönheit, die daraus entstand, war mein zweites Lieblingsstück aus der Runde. Eine Holzscheibe habe ich bekommen, die möchte ich noch als Untersetzer oder so bearbeiten. Echt klasse.

Eine Büste entsteht in der Holzwerkstatt
Eine Büste entsteht in der Holzwerkstatt

In der Holzwerkstatt war es am ruhigsten. Auch so ein meditativer Ort, wenn man an den Holzstücken hobelt und schnitzt und feilt. Niemand hat dort aber Holzkunst mit der Kettensäge erschaffen – das würde sicher noch mehr Publikum draußen anziehen. Ich selbst habe nur einen Teil meines Holz-Fundstücks ein wenig geglättet, für mehr war am Ende gar keine Zeit.

Auch hier gibt es einen Tipp: Eiche hat sich als nicht so optimales Holz für Schnitzereien erwiesen. Fangt lieber mit weichem Lindenholz an. Ein kleiner Spoiler für meinen nächsten Bericht zu einem Weizenbier mit Lindenblüten. Lecker!

Kreativ sein in toller Kulisse

Vorburg - Turm und Haupttor
Vorburg – Turm und Haupttor

Um die Frage aus der Einleitung aufzunehmen: Habe ich mir zu viel vorgenommen? In diesem Fall ja, denn die Gruppe war sehr nett. Entsprechend habe ich gerne auch Frühstück und Abendessen mit der Gruppe verbracht, wie alle anderen auch. Nach dem Frühstück, zu dem wir uns schon um 8 Uhr trafen, ging es direkt in die Werkstätten, in denen wir von Montag bis Mittwoch bis 18 Uhr werkeln konnten. Donnerstag hörten wir etwas früher auf um aufzuräumen, uns dann umzuziehen und unsere Werke gepflegt bei einer Finissage zu bestaunen.

Wäre mir die Werkstatt zu voll gewesen, hätten mich Leute genervt oder so, dann hätte ich wohl mein Fahrrad aus dem Auto geholt und wäre losgeradelt. Abends hätte ich mich auch mal abgeseilt. Denn niemand muss die Zeit dort verbringen, man ist ja frei zu machen was man will. Es wäre halt eine vergleichsweise teure Radtour, denn diese Art von Reise ist nicht ganz billig. Vielleicht lag es an den Kosten, dass ich ausnahmsweise das Nesthäkchen war. Schön wenn ich daran denke, dass ich in beruflichen Runden oft schon älteste Teilnehmerin bin. Alter ist eben relativ.

Natur war aber auch bei kurzen Spaziergängen zwischendurch wunderbar zu genießen.

Natur beim Schloss
Natur beim Schloss

Und nun verabschiede ich mich sozusagen aus „meinem“ Schloss. Und versuche, in Bremen in Übung zu bleiben. Die erste Aufgabe wartet schon auf mich, das Reinigen der Felge. Also ab, raus in den Garten und weiter kreativ sein. Sollte ich im nächsten Jahr wieder in Raesfeld dabei sein, dann habe ich schon einen Plan: Eine Hollywood-Schaukel. Wenn ich mir damit nicht wieder mal zu viel vornehme …

Das Schloss am Abend
Das Schloss am Abend

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Schmieden und Schweißen im Schloss

 

So sieht der brennende Feuerkorb nun aus, nachdem er mit hitzebeständigem Lack mattschwarz bearbeitet wurde (zum Start eines kurzen Filmes einfach auf das Bild klicken):

Feuerkorb in Aktion

 

5 Antworten

  1. Kathi Seibert

    Ich habe vor einiger Zeit zum ersten mall jemanden beim Plasmaschneiden beobachtet. Das war auch in einer Schmiede. Interessant, dass es dafür auch Wochenendkurse gibt, um das ein bisschen zu lernen. Das werde mich mal probieren.

  2. Schneider

    Hallo, das ist wirklich ein toller Beitrag! Ich würde gerne wissen wie dick das Material war, dass du beim Plasmaschneiden für das Möckernbräu-Logo verwendet hast?
    Viele Grüße,

  3. Nyabana

    Kreativ sein in wunderschöner und inspirierender Umgebung hört sich super an! Eine wunderbare Alternative besonders jetzt, wo weite Reisen schwierig sind. Und vielen Dank, dass du der guten alten Pril-Blume ein neues Leben im Freien geschenkt hast 🙂

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