Wildkräuter gibt es bei mir um die Ecke in Hülle und Fülle. Welche die schmecken, andere die helfen, und viele haben sogar beides drauf. Die Sache hat nur einen Haken: Es ist gesünder, wenn man die Kräuter ganz genau kennt, die man sammelt. Denn es gibt unter den Kräutern auch welche mit Wirkungen, die man so gar nicht gebrauchen kann. Am besten ist daher, sich in der Natur die Kräuter im Jahresverlauf bei Wanderungen von Kräuterkundigen erklären zu lassen. Sehen, fühlen, riechen, schmecken – mit allen Sinnen dabei sein. [Werbung]
Mo Hedke ist so eine Kundige, um nicht zu sagen Kräuterhexe. Und sie bietet Kräuterwanderungen an, auf dem Stadtwerder, ganz in meiner Nähe. Die Pflanzen dort kennenzulernen wo man stets schnell hinkommt, macht nach meiner Überzeugung am meisten Sinn. Gespannt habe ich mich Mitte Mai auf den Weg gemacht.
Mo war übrigens so nett mich zu der Führung einzuladen. Der Inhalt ist aber von mir frei verfasst und dient als Beispiel einer von vielen angebotenen Kräutertouren.
Unkraut-Spezialitäten im LichtLuftBad
Die Tour hat im LichtLuftBad gestartet. Ein wunderbarer ruhiger Platz mitten in der Großstadt. Hier haben wir ein paar selbstgemachte Happen und Dips testen können, bei Getränken wie Taubnessel-Wasser. Währenddessen hat Mo uns einige Pflanzen erklärt und – vom Löwenzahn geschwärmt. Aber dazu später mehr. Nur so viel: Die Löwenzahn-Butter schmeckt wirklich gut, und sieht schick aus.
Auch die Rollen mit gemischten Wildkräutern waren wirklich lecker. Sie haben gleich Mut gemacht Sachen selbst auszuprobieren. Und genau darum geht es: Das Wissen mitnehmen und dann fröhlich testen. Natürlich nur die Kräuter, die man sich gut gemerkt hat. Und da ist der Haken: Bitte glaubt mir nicht alles, was ich schreibe. Denn das ist auch nur das, was ich mir gemerkt habe. Schaut lieber vorher noch einmal ganz genau nach!
Für die Herren der Runde waren die Brennnessel-Samen besonders interessant, ein natürliches Viagra. Jeden Tag einen Teelöffel ins Müsli, und auch die Nacht wird wild. Ja, Brennnesseln, unser heimisches Superfood. Komisch, dass einige für Moringa & Co. so viel Geld im Bioladen ausgeben, wenn das Gute doch so nah ist. Nachhaltiger ist es ebenso, unser Super-Unkraut. Denn als Unkraut wird es von vielen Menschen wahrgenommen.
Wir machen aber gesittet weiter, und lernen eine Menge über dieses und jenes. Zum Beispiel über die Gefahren der Doldengewächse: Die schauen wir uns daher nicht an. Die Süßdolde, die so schön nach Lakritz schmeckt, ist aber ungefährlich. Und ich habe sie im Garten, yeah. Der Plan ist, das Lakritzaroma in mein nächstes Stout zu bekommen. Mal sehen, ob das klappt.
Entdeckungen im Garten
Es geht gleich ein paar Schritte weiter, hinter der Gartenpforte, los. Die Obstbäume sind toll, uns interessiert heute aber nur das, was sich am Boden befindet.
Was man hier nicht alles findet. Na gut, das Schöllkraut wurde mitgebracht. Auch Warzenkraut genannt. Einfach den Stengel brechen und die Flüssigkeit auf die Warze geben. Aber bitte nicht essen! Eine Tinktur vom Stinkenden Storchenschnabel hilft zum Beispiel bei Magen- und Frauenleiden. Gundermann wächst ja überall, Blüten und Blätter sind essbar. Nicht lecker, aber wenn man Hunger hat … Das Fünffingerkraut wandert besser vor der Blüte in den Salat. Und was kann der Beinwell? Ich mag ihn ja nicht, vielleicht habe ich ihn damals zu wenig mit dem Nudelholz malträtiert. Aber die Salbe, die ist mir wohl gelungen. Tipp: Welche Pflanze in der Galerie gezeigt wird seht ihr, wenn ihr auf eines der Bilder klickt.
Kinder, es geht in die Kinderwildnis!
Wild geht es weiter. Dort, wo die Kinder nicht so viel herumtollen. In dieser Oase des BUND, für alle offen.
Was man hier nicht alles findet. Die Brennnessel ist wohl wenig überraschend. Aber dass man die Fetthenne essen kann? Die ist sogar richtig lecker. Mal nicht so labberig, sondern bissfest. Die Wurzel der Karde, einer Distel, hilft wohl gegen Borreliose. Aber nicht sofort, nachdem die Zecke ihr Werk getan hat. Im Herbst ist die beste Zeit der Wurzel-Verarbeitung. Das Klettenlabkraut ist eine essbare Heilpflanze (hier gibt es ein Rezept für Klettenlabkraut-Deo), ebenso wie das Gänseblümchen. Davon aber bitte nicht zu viel. Und das Scharbockskraut? Pech gehabt, zu spät. Im Januar/Februar ist das wunderbar, ein toller Vitaminlieferant. Aber wenn es so schön gelb blüht, dann lässt man besser die Finger davon. Dann ist es giftig.
Zwischen Kleingärten und Weser
Es geht weiter, auf dem Werder, fast bis zur Weser. Überall finden sich Wiesen, auf denen Kräuter gedeihen. Aber aufpassen: Die, Zitat, „Hunde- und Männer-Laufstrecken“ bitte weiträumig meiden. Das ist oft da, wo die Pflanzen ordentlich gedüngt am stärksten wuchern.
Welches Kraut Mo da erklärt, das habe ich vergessen. Und das heißt für mich: Lieber die Finger davon lassen. Eine Entdeckung ist für mich die Knoblauchrauke. Die wächst ja wirklich wie Unkraut, man findet sie überall. Ob ich mir mal welche für meinen wilden Küchengarten mopse? Und wäre das dann Mundraub, oder was? Apropos: Sammeln sollte man nur das, was ausreichend vorhanden ist und weiter wachsen kann. Die letzte Wurzel einer Art in der Gegend auszugraben, das wäre wohl nicht so nett für Natur und Kräuter-Mitstreiter.
Die Blüte der Taubnessel soll übrigens süßer werden, wenn die Bienen dran waren. Seht ihr? Im Bild, die Biene? Läuft … Der Waldmeister für die Bowle wuchs leider auf privatem Grund. Aber das, was durch den Zaun in die Öffentlichkeit ragt, könnte doch mal zum Probieren inspirieren.
Das gefleckte, das ist Lungenkraut. Habe ich auch im Garten, das breitet sich langsam aus. Den Nachbar-Garten hat es schon erreicht. Hier sind auch Blüten und Blätter essbar. Und eine Heilwirkung hat es sowieso. Die weißen Blüten im Bild gehören aber nicht dazu, die Blüten sind rosa bis lila. In meinem Blütenkäse letztens haben die für Farbe gesorgt.
Die Sache mit dem Löwenzahn
Ja, der Löwenzahn. Auch so ein Superfood. Neben „An apple a day keeps the doctor away“ könnte man auch sagen „A Löwenzahn a day …“.
Ich habe gelernt, dass die Blätter eher rund sein sollen, nicht so zackig wie auf diesem Bild. Denn das ist kein gutes Zeichen. Löwenzahn wächst auch nicht in Massen an einer Stelle, sondern eher vereinzelt.
Das Bild vom Löwenzahn-Öl habt ihr oben im Beitrag ja gesehen. Das Öl eignet sich prima für Massagen. Oder zur Weiterverarbeitung als Salbe. Hier gibts die Rezepte.
Eigentlich hatte ich vor, euch für diesen Artikel ein Löwenzahn-Brennnessel-Risotto mir Kurkuma zu kochen. Um zwei Superfood-Sachen auf einmal unterzubringen. Ein wenig Jiaogulan drauf, und schon fühlt man sich unsterblich. Aber ihr müsst euch ein wenig gedulden. Der Löwenzahn, den ich ernten wollte, hat sich gerade in Pusteblumen verwandelt. Ich muss nun neuen perfekten Löwenzahn finden. Hm, vielleicht packe ich da einfach andere Blüten rein!? Oder ich probiere bis dahin den Löwenzahnwurzel-Kaffee aus? Vor dem Saft aus dem Stängel braucht ihr übrigens keinen Bammel haben. Der macht nur Flecken auf weißen Kleidern, weshalb man den Kindern sagt der wäre giftig. So etwas nennt man wohl Notlüge.
Ihr seht, wir haben jede Menge Kräuter kennengelernt. Eigentlich noch viel mehr, Hirn und Notizbuch haben ganz viele weitere Tipps gespeichert. Wenn ihr mehr zu den gezeigten Kräutern wissen wollt: Wikipedia weiß zu allen etwas zu berichten. Nun geht es in die Phase der Experimente. Habt ihr Tipps für mich, was ich mal ausprobieren sollte? Dann freue ich mich über Kommentare!
Nachtrag: Ich habe es geschafft, das Risotto war lecker. Hier könnt ihr sehen, wie es geworden ist.
Gerd Weith
Toll gemacht weiter so.
Gerd Weith
Ich war auch bei der Wanderung dabei. So wie du es aufgearbeitet und bebildert hast, gefällt es mir sehr gut. Prima !
schaedelmaedel
Danke, Gerd!