Napoli – was macht diese Stadt aus? Klar, der Vesuv ist in der Gegend, und Pompeji. Aber wie ist Neapel sonst, die süditalienische Stadt, die man allzu schnell mit der Mafia und Müll in Verbindung bringt? Und natürlich mit Sophia Loren. Da muss es doch noch mehr geben. Es nützt nichts, um das herauszufinden musste ich dringend dorthin reisen. Mit dem Mann. [Werbung – unbezahlt]
Mit dem Billigflieger ging es direkt von Bremen nach Neapel, und von dort aus preiswert mit einem Shuttle-Bus in die City. Ende Oktober war es noch schön warm, alles war perfekt. Laut Google Maps nun noch eben 23 Minuten laufen, und schon ist die Ferienwohnung erreicht. Pustekuchen. Dieser Teil dauerte dann doch ein bisschen länger. Die Altstadt ist voll und eng, Baustellen machen die Orientierung nicht leichter. Auf den Plänen sind viele kleine Straßen gar nicht zu sehen. Aber dann schafften wir es, Maria wartete auf uns und begrüßte uns ganz herzlich. Wir waren angekommen, in der Stadt voller Masken und Hörner und enger Gassen.
Altstadt und Spanisches Viertel
Maria schenkte mir anlässlich meines Geburtstags sogar einen Corno-Anhänger. Nein, nicht den aus dem Bild, einen wirklich schönen. Dann konnte ja nichts mehr passieren. Denn der soll gegen den bösen Blick helfen, mit Kleeblatt wird wohl ein Glücksbringer draus. Die Kleeblätter werden übrigens in Heimarbeit handbemalt, das ist keine Importware. Ich habe selbst gesehen, wie sie in einem Hinterhof trockneten.
Die Via Tribunali wurde unsere Haupt-Laufstrecke. Hört sich groß an, ist sie aber nicht. Alles ist voller Läden und kulinarischer Leckereien. Die Pizza mussten wir natürlich probieren, und auch in Teig gebackenes Gemüse und Käse. An dem Süßgebäck kamen wir noch einmal vorbei – das Gewissen. Es scheint mir, als würde unheimlich viel mit Teig gegessen. Eigentlich müssten die Einwohner alle wie ein Hefekloß aufgehen, tun sie aber nicht. Gesund findet wohl zu Hause statt.
In den Straßen der Altstadt findet man auch allerlei Skurriles. Kunst und Kitsch, Glauben und Aberglauben, Tand und Tradition. Oft konnte ich kaum glauben, dass ich mich in einer Fast-Millionenstadt befinde, der drittgrößten Stadt Italiens. Die Bevölkerungsdichte ist enorm. In den engen Straßen muss man schon mal zur Seite springen, wenn Autos oder Roller mit ordentlicher Geschwindigkeit zeigen, wer stärker ist. Den Gruß aus dem Auspuff gibts gratis, den ich als Bewohnerin einer Umweltzone gar nicht mehr kenne.
Bei so viel lautem Leben sind die vielen Kirchen ein wunderbarer Ort der Ruhe. Die Bevölkerung scheint sehr religiös zu sein, noch nie habe ich so viele Straßen-Altare gesehen. In die berühmte Krippenstraße haben wir es nicht geschafft.
Das historische Zentrum Neapels gehört zum UNESCO-Welterbe. Das ist auch richtig so, bei diesen vielen tollen engen Gassen, in denen immer noch die Wäsche außen trocknet. Dunkel muss es bei der Enge in vielen Wohnungen sein, in den heißen Sommermonaten aber auch angenehm kühl. Bei unserer Ferienwohnung hatten wir Glück, es gab eine große Dachterrasse. Im Bild weiter unten seht ihr rechts den Hauptbahnhof, der schwarze Streifen links darunter könnte die Via Tribunali sein, mit der Wohnung um die Ecke. Eventuell. So ganz erkenne ich es nicht.
Das Spanische Viertel liegt zwischen der Altstadt und dem Stadtteil Vomero, der sich auf einem der Hügel befindet. Ihr könnt das in dem Bild mit den Häuserschluchten gut sehen, links. Und genau da ging es als nächstes hin.
Vomero
Der Stadtteil Vomero versprach gute Aussichten und ordentliche Kneipen.
Für die Aussichten ging es zunächst mit der Zahnradbahn hoch und zum Castel St. Elmo. Dort ist es wirklich klasse. Was das Kassenhäuschen sollte, aus dem hin und wieder jemand was per Megaphon durchsagte, war uns unklar. Denn zum Aussichtspunkt ging es kostenlos, nirgends wurde nach Tickets gefragt. Wie immer ist der Vesuv zu sehen, Capri und Ischia, aber auch die anderen Seiten der Stadt. Es geht einmal rundherum. Ein Muss für einen Neapel-Aufenthalt, wie ich finde.
Ich wollte dann unbedingt ein schönes Plätzchen suchen, um von Vimero aus den Sonnenuntergang zu beobachten. Das war ein Fehler. Wir irrten herum, fanden den Hang aber nicht, bei dem wir dachten wir hätten eine gute Sicht im Grünen. Immer waren Häuser davor. Hier ist die Bebauung zwar nicht so eng wie in der Altstadt, alles ist ruhiger und damit auch zum Wohnen beliebt, aber eben doch immer noch eng. Irgendwann konnten wir zwischen zwei Häusern noch einen Blick auf Capri erhaschen.
Die Shopping-Meile befindet sich im Zentrum von Vomero. Da ich aber gar keine Shopping-Queen bin, war das für mich nicht wichtig. Und dann? Kam die Suche nach der richtigen Kneipe. Denn Italien hat keine Kneipenkultur, was das Land für uns schwierig macht. Bier gibt es in den Cafés zwar auch oft, in denen der Espresso günstiger ist wenn man ihn im Stehen genießt. Meistens ist das Ambiente dort aber eher kühl. In den Pizzerien und Weinbars passt es auch nicht, einfach nur einen Gerstensaft zu bestellen. Eine gemütliche Bierkneipe mit Theke? Um 19 Uhr? Wir steuerten das „Murphy’s Law Artisan brewery“ an, in der wir die einzigen waren, und in der wir das teuerste Mönchshof unseres Lebens tranken. Italienische Alternativen gab es nicht. Hm, nach einiger Zeit Suche und Fußmarsch hatten wir eben Durst. Ein Pub sah noch gut aus, aber da war auch fast niemand, und die Bedienung animierte nicht zum Bleiben. In einer vielleicht guten Kneipe wurde noch gewischt. Der italienische Abend beginnt eben später als unserer, wir passen eher nach England.
Chiaia
Bei einem Spaziergang am Wasser ging es an großen Hotels vorbei. Vor den Hotels gibt es Gastronomie, direkt an der Straße, und damit getrennt vom Wasser. Der Blick aus den Zimmern ist sicher toll. Hier ist, wenn man so will, die bessere Gegend. Mit Kneipen?
Vorab schlenderten wir erst einmal, und genossen die Abendsonne. Und die relative Weite, nach der Enge der Altstadt. Das war wirklich schön. Als es dunkel war gingen wir Richtung Vomero-Hügel, dort wo es wuseliger wird in Chiaia. Und liefen hin, liefen her, weil wir manche Orte einfach nicht fanden. Die Frage nach Craftbier löst bei den Bewohnern nur Achselzucken aus, also musste immer wieder das Handy helfen, der kleine Stadtplan war nicht genau genug.
Nach längerem Suchen und Warten, dass das Lokal öffnete, saßen wir im „Mosto – Birra Artigianale & Distillati„. Das Bier wird tatsächlich in der Stadt gebraut. Eine kleiner Laden, der praktisch nur aus der Theke besteht. Für Neapel-Verhältnisse ein Bierkneipen-Highlight. Eine andere Kneipe fast nebenan hatte an dem Tag leider geschlossen.
Nördlich des historischen Zentrums befindet sich der beliebte Stadtteil Sanità.
Sanità
In diesen Stadtteil zog es uns vor allem in die Unterwelt. Mein Highlight der Stadt, dem noch ein weiterer Beitrag gewidmet wird. Dort ist es ruhig, in der Oberwelt ist das Viertel sehr belebt. In manchen Bereichen, beispielsweise Richtung Friedhof, ist es vielleicht besser abends nicht mehr alleine unterwegs zu sein. Nur so ein Gefühl. Ansonsten ist es hier weniger touristisch, ich meinte das echte Leben zu entdecken.
Nicht nur in Sanità, sondern in der ganzen Altstadt ist Streetart sehr verbreitet. Streetart auf den historischen Mauern des Welterbes. Neapel ist kein Museum, Neapel lebt in jeder Hinsicht. Mich haben die Graffitis nicht gestört, sie gehören einfach zum Stadtbild, und bleiben mir besonders in Erinnerung.
Der perfekte Ort für den Absacker
Zufällig haben wir ihn dann gefunden, unseren abendlichen Lieblingsort, zum Glück nur ein paar Schritte von unserer Ferienwohnung entfernt. Es ist der Piazza Domenico. Hier gibt es eine reiche Bier-Vielfalt in den Bars an der Ecke zu kaufen. Auch Bier aus Italien ist verbreitet. Platz gibt es auf den zahlreichen Blumenkübeln und wenigen Bänken. Ich nahm mir – es war ja Ende Oktober – eine Fleecedecke mit, das war wärmer und weicher auf dem Beton.
Eine gemütliche Kneipe war dies auch nicht, aber außerordentlich unterhaltsam. Eine bunte Mischung Menschen traf sich, startete dort in den Abend oder beendete die Shoppingtour.
Und so sah der Blick von der Dachterrasse unserer Wohnung aus. Herrlich. Der Abschied war nicht leicht.
Wenn man Italien mit Bremen vergleicht, dann ist Florenz wie Schwachhausen. Reicher, schicker, vielleicht ein wenig überheblich. Und Neapel ist wie Gröpelingen. Echter, geerdet, ärmer. Ich fühle mich in Neapel wohler. Wenn die Stadt auch keine Liebe geworden ist, ein guter Freund ist sie allemal.
Was ich beim nächsten Besuch anders mache? Na ja, ich nehme den Rucksack, keinen Rollkoffer, denn der ist auf dem Pflaster in den engen Straßen unpraktisch. Und ich suche Aussichtspunkte im Westen Neapels auf, von denen ich einen besseren Blick auf den Sonnenuntergang habe. Meine Vorbereitung war nicht optimal, auf der Seite Visit Naples gibt es noch einige Tipps, gute Tourist-Infos in der Stadt habe ich nicht gefunden. Zur Orientierung bestelle ich mir vorab einen richtig detaillierten Stadtplan. Und ich besichtige ganz viele Museen und Kirchen.
Was ich sah, und was ich noch sehen möchte, das seht ihr in der Karte.
In einem separaten Beitrag findet ihr Infos zu den faszinierenden Unterwelten, in Kürze folgt noch einer zu Ausflügen.
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