In den letzten Wochen haben der Mann und ich jeweils ein Bier gebraut. Bei mir ging es vor allem um Frucht und Kräuter, der Herr des Hauses hat richtig Gas gegeben beim Hopfen. Am Ende sahen beide sehr ähnlich aus. Aber wie waren die Unterschiede beim Geschmack?
Bei Begriffen wie Pale Ale, IPA oder Kalthopfung habe ich bislang nicht HURRA! geschrien, denn Biere mit einer allzu bitteren Note waren mir unangenehm. Insofern bin ich auch bei eigenen Bierexperimenten eher zurückhaltend mit dem Einsatz von Hopfen gewesen. Langsam merke ich aber, wie sich mein Geschmack verändert. Ich genieße hin und wieder ein IPA wie das Swabbie von der Union [Werbung – unbezahlt], oder eben das relativ bittere Bier des Mannes. Der eigene Eindruck war, dass man sich – wie beispielsweise auch bei der Wahrnehmung von Schärfe in Speisen – an den Geschmack gewöhnen kann. Fundierter beschreibt es ein Beitrag der Hopfenhelden. In diesem könnt ihr viel lernen, auch über so gängige Begriffe wie Lupulin Threshold Shift, Iso-Alpha-Säure, Homologe und Humulinone und Hulupone …
Hopfiges Bier mit traditionellen Grünhopfensorten: Bittergrün
Im Begriff Bittergrün finden sich zwei Aspekte dieses leckeren Bieres:
„Bitter“ ist nicht nur der Geschmack, es meint auch den gleichnamigen englischen Bierstil. Ein Bitter zeichnet sich aus durch moderate Kohlensäure, moderates Hopfenarmoma, moderaten Alkoholgehalt und eine goldene bis rötliche Farbe. In England wird der Begriff oft synonym mit den Bierstil Pale Ale verwendet, in den USA würde das wegen der deutlich hopfenintensiveren Ausrichtung der Pale Ales nicht passen. Im Brauwelt-Lexikon wird dies noch etwas anders dargestellt: ein gut gehopftes, obergäriges, britisches Bier mit klassischen englischen Hopfensorten. Diese geben dem Bitter einen fruchtig-blumigen, fast vegetalen Geschmack. Der Alkoholgehalt wird hier geringer beschrieben: 3-5,8%. Zeitlich eingeordnet ist es etwa so: Aus dem archetypischen Pale Ale (Ende 18. Jh.) wurde für den Export in die Kolonien das sehr hopfenbittere – und damit länger haltbare – India Pale Ale kreiert. Die englischen Brauer fingen um etwa 1830 an, die bitteren Überseebiere wiederum mit leicht reduzierter Bittere anzubieten. Die neuen Ales wurden „Bitter“ genannt, und sind heute kaum von einem Pale Ale zu unterscheiden. So schließt sich der Kreis. Wie dem auch sei, bei unserem Bittergrün handelt es sich also aufgrund der deutschen Hopfensorten sozusagen um ein „German Bitter“.
„Grün“ bezieht sich darauf, dass ausschließlich mit (eingefrorenem) Frischhopfen aus Bremen und Delmenhorst gebraut wurde. Da hier der Lupulingehalt nicht so messbar ist, ist die Errechnung der Hopfenmenge eher schwierig, mehr eine Schätzung. Verwendet wurden die traditionellen Sorten Hersbrucker Pure (klassisches Hopfenaroma, Vanille) und Tettnanger (erdig, kräuterig, blumig), die sich weniger durch fruchtige Aromen auszeichnen.
Moderat und traditionell, so könnte man das Gebräu nennen (wegen der Haferflocken dürfen wir es in Deutschland ja nicht Bier nennen). Das trifft es auch ganz gut. Die Hopfenbittere kommt zwar deutlich mehr als bei anderen unserer Sude zum Tragen, aber so, dass das Bier intensiv schmeckt und „Charakter“ hat, man aber auch problemlos eins mehr davon trinken kann. Oder zwei. Für mich hat dies den Ausschlag gegeben, eventuell künftig doch hier und da mehr Hopfen zu verwenden. Nicht immer, aber ihr wisst schon: Immer öfter.
Übrigens war das Bier auch als – natürlich privates – Weihnachtsfeierbier angedacht. Aber Corona hat etwas dagegen gehabt. Nun müssen wir es selbst trinken. Am besten passen dazu leckere Bethmännchen. Eine Zufallsentdeckung, davon gab es noch einige in Muttis weihnachtlicher Kekslieferung.
Daten und Fakten
Brautag 6.11.2020
- Malz: Wiener, Pilsner, Dinkel, Carabelge, Rauch
- Hopfen: Hersbrucker Pure, Tettnanger (beide Grünhopfen)
- Hefe: Safale K-97
- Sonstiges: Haferflocken
- Ergebnis: Hopfig und deutlich bitter, dennoch mit einer hohen Drinkability.
- Stammwürze: 14,6 %
- Alkoholgehalt: 5,7 %
Fruchtig prickelndes Bier mit Szechuanpfeffer: 四川
Mit Szechuanpfeffer habe ich schon einmal gebraut, beim Thüm. Verwandtschaft besteht mit Zitrusfrüchten, nicht mit schwarzem Pfeffer. Er prickelt so schön auf der Zunge … In diesem Fall habe ich mehr davon verwendet, von der neuen Ernte. Als Gewürz nimmt man eigentlich die roten Fruchtschalen (die sind Bestandteil im chinesischen 5-Gewürze-Pulver), nicht die schwarzen Samen. Beim Bier ist das denke ich nicht so relevant, man beißt ja nicht drauf. Ich habe alles hineingegeben, insgesamt 20 Gramm.
Als Grünhopfen kam zum Aromatisieren Mandarina Bavaria (fruchtig, Mandarine, süß) in den Sud. Mandarin und China, das passt ja auch irgendwie. Auf jeden Fall passen aber die Aromen prima, es sollte ein fruchtig-spritziges Ergebnis werden. Auch die Hefe Safale US-05, die wir intern immer als Fanta-Hefe bezeichnen da der Sud anfangs an Fanta erinnert, passte dazu.
Dieses Bier habe ich vor dem Bittergrün gebraut, aber hier hätte ich auch nicht mehr Hopfen haben wollen. Denn sobald mit Kräutern oder Früchten gebraut wird ist die Gefahr zu groß, dass die Hopfenaromen alles überdecken. Insofern war der Geschmack deutlich anders als der vom Bittergrün, feiner und leichter, auch wenn sich Farbe, Schaum und Alkoholgehalt ähnelten.
Zu diesem Bier hat uns besonders ein Gericht gefallen: Nudeln mit sahnig-scharf angemachten Shiitake-Pilzen. Auch das passt prima zu China.
Daten und Fakten
Brautag 11.10.2020
- Malz: Pilsner, Wiener, Carapils, Hafer, Rauch
- Hopfen: Mandarina Bavaria (Grünhopfen), El Dorado und Ariana (beide Pellets)
- Hefe: Safale US-05
- Sonstiges: Szechuanpfeffer
- Ergebnis: Frisch und fruchtig und leicht, eigentlich ein ideales Sommerbier.
- Stammwürze: 12,9 %
- Alkoholgehalt: 5,3 %
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Jan Breier
Das hört sich doch mal wieder lecker an – besonders das Szechuan Pfeffer Bier 🙂
schaedelmaedel
Das war auch echt lecker.